Der Widerruf des Darlehensvertrags kann eine Möglichkeit sein, die Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Ablösung eines Immobiliendarlehens zu umgehen. Das zeigt ein Urteil des OLG Karlsruhe vom 24. Januar 2023 (Az.: 17 U 446/21). Das OLG entschied, dass der Kläger eine bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung von der Bank zurückverlangen kann, weil er den Kreditvertrag erfolgreich widerrufen habe.
Der Kläger in dem zu Grunde liegenden Fall hatte 2012 ein Darlehen über 250.000 zur Finanzierung einer privat genutzten Immobilie aufgenommen. Die Bank gewährte das Darlehen unter der Voraussetzung, dass der Darlehensnehmer auch einen Bausparvertrag oder eine Lebensversicherung abschließt. Rund sieben Jahre später erklärte der Kreditnehmer den Widerruf des Darlehensvertrags, verkaufte die Immobilie und zahlte das Darlehen vorzeitig zurück. Die von der Bank erhobene Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von rund 25.000 Euro zahlte er nur unter Vorbehalt.
Mit seiner Klage verlangte er die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung von der Bank. Die Klage hatte Erfolg. Das OLG Karlsruhe entschied, dass die Bank keinen Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung habe, weil der Kläger den Darlehensvertrag erfolgreich widerrufen habe. Der Widerruf sei noch möglich gewesen, weil die Bank dem Kläger nicht alle nach § 492 Abs. 2 BGB erforderlichen Pflichtangaben gemacht habe. So habe die Bank ihren Kunden nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht aufgeklärt. Sie habe fehlerhaft dargestellt, dass durch den Widerruf des Bausparvertrags auch die Bindung an den Darlehensvertrag entfalle. Dieses sei falsch, denn bei dem Bausparvertag handele es sich nicht um einen mit dem Darlehen verbundenen Vertrag, sondern um eine Vereinbarung über eine Zusatzleistung, stellte das OLG Karlsruhe klar.
Folge der unzureichenden Widerrufsinformation ist, dass die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt wurde. Der Kläger habe daher Anspruch auf die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung, so das OLG, das die Revision zugelassen hat.
„Neben einem erfolgreichen Widerruf kann eine Bank auch aus anderen Gründen ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung verloren haben“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte. Banken und Sparkassen sind seit dem 21. März 2016 verpflichtet, ihre Kunden über die Berechnungsmethode einer möglichen Vorfälligkeitsentschädigung aufzuklären. Der Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung geht gemäß § 502 Abs. 2 BGB verloren, wenn im Darlehensvertrag die Angaben zur Laufzeit des Kredits, zum Kündigungsrecht oder zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.
„Verschiedenen Banken sind hier Fehler unterlaufen, die dazu führen, dass Darlehensnehmer keine Entschädigung zahlen müssen bzw. eine bereits gezahlte Entschädigung zurückfordern können“, so Rechtsanwalt Seifert.
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